Thomas Waldschmidt (TiSenti Hausvermietung):

«Ich bin kein Hardcore-Öko-Touristiker, aber…»

Im Jahr 1999 hatte ich das Glück, ein einziges Mal die Studentenzeitung der Wirtschaftsuniversität zu lesen – und es gibt anscheinend keine Zufälle. Dort sah ich die Anzeige von Thomas, der für seine Firma Sardinienhaus jemanden für die Saison im Südosten der Insel suchte, der schaute, dass sein sardisches Team den Anforderungen der deutschsprachigen Gäste gerecht wurde.

Mein Italienisch war mehr als bescheiden, aber ich wollte den Job unbedingt – und kaschierte meine mangelnden Sprachkenntnisse. Trotz dieser Barriere erlebte ich dort eine tolle Zeit für viele Jahre. Ich lernte im nu die Sprache, weil ich mich sonst nicht hätte verständigen können. Ich bin seit der Zeit tief verbunden mit dem Land, den Menschen und einer schönen, ehrlichen Freundschaft zu Thomas und seiner Familie. Heute heisst sein Unternehmen „TiSenti“ und vermittelt nach wie vor die schönsten Ferienhäuser im Südosten Sardiniens.

Zum 20-jährigen Jubiläum unserer Freundschaft rede ich hier offen mit ihm über die Entwicklung Sardiniens, dem Unterschied zwischen Norden und Süden der Insel, über das Familienberufsleben und was die richtig guten kulinarischen Highflyers eines Connaisseurs sind. Ein Gespräch, das dir die nächste Urlaubsentscheidung sicherlich einfacher machen wird.

Wie bist du auf die Idee gekommen, in Sardinien deine Häuser zu vermieten?

Das war anfangs gar keine Idee, sondern hat sich so ergeben. Ich war lange Zeit als Tourist auf der Insel. Mein Traum war es, einmal einen ganzen Sommer auf Sardinien zu verbringen. Italienisch konnte ich ein wenig, so suchte ich mir dort einen Job – und landete im Servicebüro einer Ferienhausagentur. Damit lernte ich das Geschäft von der anderen Seite kennen und knüpfte erste Kontakte. Erst viel später kam ich auf die Idee, mich mit meinem Wissen beider Seiten der Medaille (Gast und Gastgeber) und dem immer enger gewordenen Netz an Freundschaften und Kontakten selbständig zu machen.

Wie lange ist das her? Und wo genau hast du deine Firma aufgebaut? Du lebst ja zeitweise auch da.

Die Zeit macht vor niemandem halt, und so bin ich heute als junger, ALTER (lacht), Familienvater nicht mehr ganz so flexibel. Früher habe ich bis zu vier Monate im Jahr auf Sardinien verbracht, heute sind es vielleicht noch sechs Wochen.
Im Jahr 2000 habe ich damals das Label „Sardinienhaus“ gegründet. Seitdem ist viel passiert. Wir sind mit den Ansprüchen unserer Kunden gewachsen und bieten heute unter der Marke „Tisenti“ ein fein erlesenes Programm aus persönlich von mir ausgesuchten Häusern im wunderschönen Südosten der Insel an.

Warum der Südosten? Was macht diesen Teil der Insel so attraktiv? Wie unterscheidet sich dieser vom weltweit bekannten Norden?

Die touristische Entwicklung Sardiniens schreitet von Nord nach Süd voran. Das hängt mit der im Norden befindenden Costa Smeralda zusammen. Viele der umliegenden Gemeinden wollten vom Glanz und Glamour dieser Gegend profitieren und haben sich sehr ehrgeizige touristische Entwicklungsstrategien überlegt – mit dem Ergebnis, dass es mir dort heute (und auch schon vor 15 Jahren) nicht mehr gefällt.

Der Süden der Insel hat bei den Planungen der internationalen Tourismusstrategen lange Zeit ein recht stiefmütterliches Dasein geführt. Das hat sich jetzt zwar ein wenig geändert, aber die Weitläufigkeit und Ursprünglichkeit dieses Gebiets hat es zu keinem Zeitpunkt wesentlich beeinflusst. Und das ist wirklich eine Rarität auf einer Mittelmeerinsel. Wo gibt es das noch, dass du (abgesehen vom Juli und August) kilometerlang am Strand spazieren gehst und Selbstgespräche führen kannst, ohne dass dich jemand komisch anschaut (lacht).


Wohl wahr. Wie nimmst du die allgemeinen Veränderung über die Jahre wahr? Positiv? Negativ?

Wie alles, so hat auch die touristische Entwicklung Sardiniens positive und negative Aspekte. Vorab: Ich bin kein Hardcore-Öko-Touristiker. Nicht jedes neu gebaute Ferienhaus beleidigt mich persönlich, nur weil ich manche Gegenden vor 25 Jahren noch anders kennengelernt habe. Das unterscheidet mich von vielen „Sardinien Pionieren“. Die Insel hat ein Recht auf Entwicklung, die Bevölkerung wünscht sich schliesslich Einkommen und Arbeitsplätze.
Manchmal wünschte ich mir allerdings, dass sich die Verantwortlichen auf regionaler Ebene ein wenig mehr mit der Konzeption übergeordneter Entwicklungsideen befassen sollten. Und es nicht in der Hand örtlicher Bürgermeister liegen sollte, ob aus einem Acker Bauland wird.

Stimmt. Und am Ende ist es doch so. Leider. Das Schöne ist aber, dass Leute wie du sich auf die Fahne geschrieben haben, anders zu sein. Eben die bestehende Natur zu respektieren und pflegen. Und ihnen die unberührte und / oder traditionelle Seite der Insel zu zeigen. Was sind deine Tipps in Sachen Sightseeing, Strände und beispielsweise Kulinarik?

Diese Tipps müsste man eigentlich nach Jahreszeiten und Gegenden aufteilen. Doch dazu fehlt hier der Platz. Daher nur kurz: Die Ostküste Sardiniens ist traumhaft für alle, die Sonne, Sand und Meer suchen. Wie schon vorher erwähnt, wird es mit jedem Kilometer, den man weiter nach Süden kommt, weniger touristisch.
Wer ein wenig Wandern und das „alte“ Sardinien kennen lernen möchte, der sollte die Orte der Barbagia (Provinz Nuoro) entdecken. Hier hat sich in den letzten Jahren auch eine von der Region Sardinien sehr geförderte alternative Tourismusform etabliert, die Wander- und Trekkingtouren mit Nächtigungsangeboten kombiniert.
Und dann bin ich der Meinung, dass man sich unbedingt die Inselhauptstadt Cagliari anschauen sollte. Hier ist in den letzten Jahren sehr viel passiert, und die geschichtsträchtige Hafenstadt im Süden der Insel hat ein sehr modernes und lebendiges Antlitz erhalten.
Für mich als Weinliebhaber gibt es auf der Insel fantastische Gelegenheiten. Der „Vermentino“ ist die typische Rebform des sardischen Weißweins. Jeder Schluck schmeckt nach Sonne, Urlaub und Leben! Wer es ein wenig gemütlicher angehen lassen will, verwöhnt seinen Gaumen mit einem Glas „Cannonau“, dem typisch sardischen Rotwein. Vollmundig, gerade so, als würde man noch eine Schaufel sardische Erde mit hinterher geschüttet bekommen. Dazu frischen Pecorino Käse oder eine Pasta mit einer Sauce aus den sonnengereiften Tomaten – und der Abend ist ein guter.

Und das vor allem im Kreise deiner kleinen herzigen Familie. Fühlen sich deine Frau und dein 2-jähriger Sohn Nino auch wohl dort? Wie schlägst du die Brücke zwischen Familie und Berufsleben?

Das war ja quasi eine Grundvoraussetzung für unsere Beziehung (lacht). Der Kleine kann nichts dafür, was sein Vater tut (liebt es aber, glaube ich, trotzdem). Meine Frau hingegen konnte sich besten Gewissens auf mich und meinen Job einlassen. Wir genießen die Zeit zu dritt. Auch wenn der Papa tagsüber viel unterwegs ist – für einen Sprung ins Wasser und das Bauen einer Sandburg ist immer Zeit.