Was das vielerorts so verhasste Kraut mit Stinkwanzen zu tun hat – und wie leidenschaftlich es im Internet geschmäht wird.

Der Koriander ist ein Ferkel. Das muss man klar sagen. Wenige seiner Blättchen oder ein halber Stängel genügen, um Korianderhassern eine Speise vollkommen zu vergällen. Selbst mit dem Geruch von Wanzen wird das Aroma von Koriander verglichen. Nicht ohne Grund übrigens: Zu den Hauptbestandteilen des polarisierenden Krauts gehört (E)-2-Decenal, ein Stoff, der Stinkwanzen als Verteidigungssekret dient.

Nachzulesen ist diese Weisheit im Buch «How Not to Die» von Dr. Michael Greger. Dort steht auch, dass sich bei einem Teil der Menschheit auf einem Abschnitt des Chromosoms Nummer 11 ein Gen namens OR6A2 befindet, das es überhaupt ermöglicht, (E)-2-Decenal wahrzunehmen. Geborenen Korianderfans fehlt dieses Gen, oder aber sie sind wie das von ihnen geliebte Kraut Ferkel. Und zwar solche, die auch auf das Verteidigungssekret von Stinkwanzen stehen.

Der konvertierte Hasser

Dann gibt es noch eine dritte Gruppe: die Konvertiten. Menschen also, die Koriander einst verabscheuten, ihn nun aber gerne essen – und noch praktizierende Korianderhasser bekehren möchten. Korianderkonvertiten führen sich das Kraut zwar selten in rauen Mengen zu (solche Ferkel sind sie dann doch nicht), schätzen es aber als frisches Element in diversen Speisen. Ich selbst bin so ein Konvertit. Und es bereitet mir durchaus Vergnügen, beim gemeinsamen Kochen eine allseits begehrte Speise mit etwas Koriander zu verfeinern: So bleibt für mich mehr übrig.

In meinem Fall erfolgte die Annäherung an den Koriander übers Erhitzen. Gibt man Koriander beispielsweise bei der Zubereitung von scharfen arabischen Bratkartoffeln zum Schluss für ein paar Sekunden in die noch heisse Pfanne, mildert sich sein Geschmack deutlich ab. So gewöhnt man sich einigermassen schonend an das spezielle Aroma, empfindet es zunächst als nicht mehr so störend und schliesslich bei geringer Dosierung als durchaus wohlschmeckend. Die Gewöhnung dürfte auch der Grund dafür sein, dass in Lateinamerika oder Asien eine grosse Mehrheit dem Koriander zugeneigt ist.

Doch zurück zu den standhaften Korianderverächtern: Die einzig zum Zweck der Schmähung des Krauts geschaffene Facebook-Gruppe «I Hate Coriander» zählt inzwischen fast 170 000 Mitglieder. Einige davon tragen sogar entsprechende Tattoos auf der Haut, die ihrer Abneigung Ausdruck verleihen. Mein Freund B. erwägt, sich eine solche Tätowierung zuzulegen. Als Hüttenkäsekonsument in kulinarischen Dingen sonst ein Schweineigel vor dem Herrn, tut er beim Koriander auf einmal empfindlich. Er beteuert, lieber in einer Kloake baden zu wollen, als in einen Bund frisches Koriandergrün zu beissen.

Das Kraut als Duftnote

Gerne würde ich eine paar Peinflaschen aus dem Bestand der Firma Hulesch und Quentzel in seiner Wohnung verstecken. Die leider fiktiven Dinger verströmen in regelmässigen Abständen einen Geruch, den das Opfer hasst. In diesem Fall den von Koriander. Sollten Sie sich für Details zu diesen Peinflaschen interessieren, lesen Sie das auch sonst grandiose Buch «Die Merowinger» von Heimito von Doderer.

Gesucht: Das Koriander-Gesicht

Als Anhänger der Lehre Lavaters habe ich natürlich versucht, Korianderhasser und -liebhaberinnen anhand ihrer Gesichtszüge zu erkennen. Anders als bei jenen, die dem Genuss von Brät und Wurstwaren sehr zugetan sind (von meinem Freund M. als «schweiniger Typ bezeichnet»), habe ich aber keine zuverlässigen Charakteristika entdecken können. Es gibt naheliegenderweise giftige, hagere Männchen, die Koriander lieben, aber eben auch sanftmütige Teddybären, denen nichts über das Kraut geht. Sachdienliche Hinweise bitte in schriftlicher Form an die Redaktion.

Carola’s Nutrition Check

Obwohl der Koriander wie sehr deutlich von Alex beschrieben nicht jedermans Sache ist, istdas grüne Kraut das leicht mit Petersilie verwechselt werden kann sehr gesund.

Karotinoide können als Radikalenfänger – Antioxidantien – das Risiko von zahlreichen Erkrankungen, darunter mehrere Krebsarten und Augenerkrankungen, mindern. Eine Studie (veröffentlicht im Plant Foods for Human Nutrition) zeigte auf, dass Basilikum und Koriander den höchsten Karotinoide-Anteil von beta-Karotin und beta-Cryptoxanthin sowie Lutein und Zeaxanthin enthalten. Alle diese Karotinoide sind für ihre antioxidative Wirkung bekannt.

Also mein Rat : Augen zu und durch – ich mochte es lange Zeit auch nicht und heute liebe ich Koriander in allen Facetten – auch in Smoothies. Die meisten wichtigen Nährstoffe nimmt man natürlich auf, wenn er roh genossen wird.