Mais gegen Koriander

Nun wollen wir den Mais beschimpfen. Denn er hat es noch viel mehr verdient als der Koriander.

Wenn der Koriander – wie vergangene Woche an gleicher Stelle erörtert – ein Sauhund ist, dann ist der Mais der Teufel höchstpersönlich. Wer ihn als Kolben auf den Grill legt, ist alsbald von einem fiesen, süsslichen Geruch umnebelt. Wer in der Kantine beim Verzehr des Beilagensalats für eine Sekunde unachtsam ist, beisst bestimmt auf eines der schauerlichen, gelben Körner. Dabei gibt es überhaupt keinen – ich wiederhole: überhaupt keinen – Grund, Mais in Blattsalate zu streuen. Es ist, als würde man vor dem Schaumbad noch eine Schubkarre Mist in die Wanne werfen.

Ausserdem ist der Mais ein verlogenes, scheinheiliges Subjekt. Er positioniert sich auf Salatbuffets neben Tomaten, Gurken oder Karotten und tut so, als sei auch er ein für Abnehmwillige geeignetes Lebensmittel. Er mit seinen 365 Kalorien pro 100 Gramm, was 53 Kalorien mehr sind als bei der gleichen Menge Pommes frites. Und da ist die ganze Mayonnaise, die sich gewöhnlich an ihn schmiegt, noch nicht einmal mit eingerechnet.

Erst vor ein paar Tagen sah ich in der S-Bahn eine korpulente Dame, die, wohl in der Absicht, nur wenige Kalorien zu sich zu nehmen, statt eines richtigen, warmen Mittagessens zwei abgepackte Salate aus Plastikschalen verzehrte. Einmal Blattsalat und einmal Maissalat. «Gute Frau, essen Sie Pommes frites statt dieses Zeug! Sie werden davon nicht schlanker, sondern nur ganz, ganz unglücklich!», wollte ich rufen. Doch dann dachte ich: Ganz selber schuld bist du! Schliesslich sind die Maisliebhaber der Grund dafür, dass ich bei der Bestellung eines gemischten Salats immer nachdrücklich «ohne Mais» sagen muss und deshalb als schwieriger Gast gelte.

Zwangsläufig ins Fiasko

An der Aufgabe, ein geniessbares Gericht mit Mais zu kreieren, scheitern selbst die allerbesten Köche der Welt. In einem meiner Lieblingslokale, dessen Namen ich hier aus Pietätsgründen nicht nennen möchte, schien mir der Mais sogar noch abscheulicher als anderswo. Die Fähigkeit grosser Köche, das Aroma eines Produkts in besonderer Intensität herauszuarbeiten, führt beim Mais zwangsläufig ins Fiasko. Neuerdings wird Mais – genauer: ein Maisteig – auch dazu genutzt, Würstchen zu diskreditieren. Sind die armen Dinger erst einmal in ihre süssliche Hülle eingemauert, werden sie als Corndogs feilgeboten. Wie so oft kommt das kulinarische Übel aus den USA. Und sicher werden schon bald auch in hiesigen Fast-Food-Lokalen Corndogs lauern. Oder Abwandlungen von diesen (zum Beispiel, Gott sei uns gnädig!, mit Pulled Pork).

Natürlich begnügt sich Mais nicht damit, einfach nur unangenehm süsslich zu sein. Er kann auch ganz anders. Als Popcorn entfaltet er einen Geschmack – und einen Geruch – der allenfalls noch mit dem Inhalt von Staubsaugerbeuteln zu vergleichen ist. Und wenn es in einer Diskussion um die Eignung von gerösteten Insekten als Nahrungsmittel heisst, sie schmeckten durchaus nicht schlimm, sondern wie Popcorn, dann müsste man entgegnen: Schade, es wäre besser, sie würden wie rohe Regenwürmer oder Nacktschnecken schmecken.

Neben Popcornkonsumenten im Kino zu sitzen, ist eine Zumutung allererster Ordnung. Nur noch übertroffen durch die Präsenz von sogenannten Trüffel-Popcorn. Dieses hat mit Trüffel natürlich überhaupt nichts zu tun, sondern ist ein kulinarisches Amalgam aus Popcorn und synthetisch hergestelltem Trüffelöl. Es gehört in jene unterirdischen Kammern verbannt, die man gemeinhin für die Endlagerung von Atomabfällen nutzt. Dort kann es dann von mir aus bis in alle Ewigkeit vor sich hin stinken.