Bedienen Sie sich, mein Herr!

Die Meinekestrasse in Charlottenburg bietet vieles. Von chic bis alternativ. Von spassbefreiten Russenbars bis lebensbejahenden Ristorantes. Von Mark Hotel bis Henri Hotel.

Jeder dieser Vergleiche ist eine monumentale Kollision der Gegensätze. Die beiden Hotels, die sich gegenüber stehen, sind so unterschiedlich wie Karl Dall´s linkes und rechtes Auge. Setzt das Mark Hotel konsequent auf Qualitätsverweigerung, ist das gleichpreisige Henri Hotel eine fast schon lächerlich vor sich hin chillende Wohlfühloase.

Weil ich in der zweiten Jahreshälfte beruflich in Wien und anderen Städten gebraucht werde, hab ich meine schöne Wohnung am Paul-Lincke-Ufer untervermietet. An einen Freund. Und trotzem muss ich, manchmal sehr spontan, meine Kundentermine in Berlin wahrnehmen. Wo ich dann ein Hotelzimmer buchen muss.

Über Booking.com in die Servicewüste Mark Hotel
Über Booking.com fand ich dann das Mark Hotel, direkt an der Meinekestrasse, gegenüber fand ein Event statt, dem ich beiwohnen sollte. Im Henri Hotel, das für diese Zeit ausgebucht war. Also entscheide ich mich für´s Mark Hotel. 3 Hechtrollen vom Austragungsort entfernt. Perfekt, denke ich. Im Netz ist der Laden als 4-Sterne-Hotel angekündigt, zum Preis von 120 Euro pro Nacht. Vor 10 Jahren hätte man dafür in Berlin noch eine Suite dieser Hotelkategorie bekommen, aber hey – es ist 2018. Und Berlin ist längst kein Tiefpreisparadies mehr.

Also schlug ich zu, schliesslich ist im Preis auch ein Abschlag von 40 % inbegriffen. Und kriege den Zonk in Form einer Gusseisenbratpfanne mit Anlauf von links und rechts an die Schläfe. Das vermeintliche Schnäppchen entpuppt sich als grösste Abzocke, die ich je erlebt habe.

Toter Iltis unter den Teppich gekehrt?
To keep the long story short: Beim Eintreten der grosszügigen Lobby roch diese so, als hätten sich 300 Kettenraucher 3 Tage lang zu einem Kippenvernichtungswettbewerb eingeschlossen. Ohne einmal die Fenster zu öffnen. Was mir beim Betreten meines gebuchten Superiorzimmers entgegen kam, kann man – mit viel Verständnis – als den Gestank eines über vier Wochen toten Iltis identifizieren.

Und das Personal machte nicht den Eindruck, lebendiger zu sein. Nur Verweigerung, bei allen grundsätzlichen Bedürfnisanfragen eines bescheidenen Gastes.

Last Night – The Henri Saved My Life
Der Moment, wo ich über die Strasse zum Henri Hotel ging, um zu sehen, ob diese negative Energie an der Strasse liegt – frische Luft brauchte ich sowieso – fiel mir die Kinnlade auf den Willkommensteppich des im 20er Jahre Stil gehaltenen Boutique Hotels, indem am nächsten Tag der besagte Event stattfinden sollte.

Ich wurde von einem Concierge empfangen, der mich freundlich ansprach: „Guten Abend, der Herr – was kann ich für Sie tun?“. Ich: „Haben Sie vielleicht ein Glas Crémant für mich? Der Tag war bisher nicht der beste meines Lebens…“. Er: „Der Weinkühler steht direkt neben Ihnen – bedienen Sie sich, mein Herr.“ Ich so: „Wie jetzt?“. Er: „Nehmen Sie raus, was Sie möchten, ich mach die Flasche frisch für Sie auf, auch wenn Sie nur ein Glas nehmen.“

„Bedienen Sie sich, mein Herr.“
Mit einer positiven Aura, die auf einer Skala von 1 – 10 eine 14 bekommt. Meine Laune und der Glaube an bedürfnisorientiertes Kundenmanagement in der Hotellerie schlägt wie ein Komet in meine ganztags erlebte Frustrationsfestung.

Weil draussen, an dem besonders lauen Sommerabend, alles besetzt war, setzte ich mich rein. In die detailverliebt gestaltete Hotellounge, berieselt von 20erJahre-Crooner-Mucke, eingerichtet mit samtenen Sitzmöbeln, edel verzierten Tischen, riesigen Spiegeln – und gefüllt mit der henriesken Athmosphäre.

„Stimmt die Position des Ventilators für Sie?“
Natürlich war´s bisserl warm drin, und ich ruf dem Concierge zu: „Der Herr, falls Sie irgendwo noch einen Ventilator finden, sagen Sie Bescheid.“ Er grinst nur und verschwindet. Um keine Minute später mit einem nigelnagelneuen grossen Teil anzukommen und die Tische rumschiebend in die richtige Position zu meinem Haupt zu bringen. „Ist es so okay, der Herr? Kann ihn sonst noch etwas besser positionieren.“

Der Mann hatte 100 Punkte. Und mein Kundenherz gewonnen. Spielerisch. Ohne viel Aufwand. Nur damit, dass er mir zugehört und meine Anliegen ernst genommen hatte.

Fazit

Ein 3-Sterne-Hotel mit 5-Sterne-Service
Natürlich hab ich bei meinem nächsten Kurzaufenthalt in der Ecke die andere Strassenseite gewählt – und war auch vom restlichen Service begeistert. Die nette Rezeptionistin checkte mich ein, ohne nach einer Kreditkarte zu fragen. Im Gegenteil: „Bedienen sie sich bei unseren Kühlschränken, abends haben wir ein Buffet für unsere Gäste, kommen Sie einfach vorbei und essen Sie mit uns. Alles im Hotelpreis inbegriffen. Sollten Sie weitere Wünsche haben, wir sind 24 Stunden für Sie da.“

Ich würd´s genau so machen. Schliesslich ist Service alles. Gerade im Hotelgewerbe. Aber hey – wie die das machen, das ist auf Championsleagueniveau. Und schade, dass es – in diesem Preissegment – in Sachen Service fast keine Konkurrenz mehr gibt.

Kontakt

Adresse: Meinekestraße 9, 10719 Berlin
Tel: +49 (0)30 88443-0
Email: hello@henri-berlin.com
Website: henri-hotels.com